Ober-Flörsheim feiert die Rückkehr eines Wahrzeichens – Denkmalfigur wieder an ihrem Platz
Ein Stück Geschichte ist zurück: Mit einem stimmungsvollen Fest beging Ober-Flörsheim am Samstag, dem 26. Juli, die Rückkehr der restaurierten Kriegerfigur auf dem Denkmal vor dem Rathaus. Über 150 Gäste wohnten der Zeremonie bei, darunter viele Kinder, zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter aus Politik und Kultur.
Fast vier Jahre lang war der Soldat vom Sockel verschwunden, da er im Rahmen der Rathaussanierung eingelagert und restauriert wurde. Jetzt steht er wieder aufrecht und blickt entschlossen über den Walterplatz. Das 1901 errichtete Denkmal zur Erinnerung an die Veteranen des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 hat damit seine Symbolkraft zurückgewonnen.
„Wir sind sehr froh, dass die Renovierung des Rathauses mit der Rückkehr unserer Denkmalfigur nun abgeschlossen ist”, sagte Bürgermeister Sascha Leonhardt in seiner Begrüßung. Mit spürbarem Stolz berichtete er von den Sanierungsarbeiten am historischen Rathaus, die zu einem nicht unerheblichen Teil in Eigenleistung der Dorfgemeinschaft gestemmt wurden. Weiterhin bedankte er sich beim Heimat- und Kulturverein (HuK), der die komplette Restaurierung der der Figur durch eine Spendenaktion finanzierte.
Ein günstiger Moment – mit Gesang und Geschichte
Die Bedingungen für die Feier waren ideal: Die Ortsdurchfahrt war wegen der Verlegung von Erdkabeln verkehrsberuhigt und der Regen machte rechtzeitig Pause. Der Männergesangverein (MGV) Ober-Flörsheim eröffnete unter der Leitung von Uwe Dörfler die Veranstaltung mit dem beschwingten Lied „Ich weiß ein Fass in einem tiefen Keller“.
In seinem Grußwort hob Landrat Heiko Sippel die historische Bedeutung des Denkmals hervor: „Dieses Denkmal sehen wir heute, nach zwei verheerenden Weltkriegen und im Zeichen der jahrzehntelangen deutsch-französischen Freundschaft, nicht als Symbol nationaler Überheblichkeit, sondern als Ort des Nachdenkens und Mahnens, der uns daran erinnert, wie wertvoll Frieden und Freiheit sind.“ Besonders beeindruckt zeigte er sich von der bürgerschaftlichen Finanzierung des Projekts: „Dass ein solches Vorhaben komplett aus Spenden der Bevölkerung und durch das Engagement des HuK ermöglicht wurde, ist außergewöhnlich.“
Auch Steffen Unger, Verbandsbürgermeister und Vorsitzender des Altertumsvereins Alzey, würdigte in seiner Begrüßung die „Rückkehr eines ortsbildprägenden Kunstwerks“ sowie das „großartige bürgerschaftliche Engagement“ der Ober-Flörsheimer.
Der Mann hinter dem Denkmal: Sebastian Walter
„Wann kommt der Soldat wieder zurück?“ Dies sei, so Dr. Helmut Schmahl, Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins, eine häufige Frage gewesen, die Auswärtige angesichts des leeren Denkmalsockels in den letzten Jahren gestellt hatten. In seiner Rede schlug er einen Bogen zur ursprünglichen Einweihung des Denkmals am 30. Juni 1901. Besonders lebendig wurde dieser Moment durch HuK-Vorstandsmitglied Dieter Blüm, der – in historischer Kleidung – auf dem Rathausbalkon in die Rolle des Stifters Sebastian Walter schlüpfte.
„Heute bin ich zurückgekommen in das Dorf, in dem einst meine Wiege stand“, verkündete er mit bewegter Stimme. Walter stammte aus einfachen Verhältnissen und war 1866 im Alter von 17 Jahren nach Milwaukee ausgewandert. Dort baute er als gelernter Spengler ein erfolgreiches Eisenwarengeschäft auf. Seine neue Produktionsmethode für emaillierte Haushaltswaren machte ihn zum Millionär – und er vergaß nie seine Heimat.
1900 ging Walter mit seiner Frau auf eine einjährige Europareise, an deren Ende sein Besuch anlässlich der Weihe des von ihm finanzierten Denkmals stand. „Dieses Denkmal habe ich jenen gewidmet, die im Krieg ihr Leben riskierten – aus Dankbarkeit, dass ich nicht auf den Schlachtfeldern Frankreichs begraben liege.“ Die Zuhörer auf dem Walterplatz lauschten gebannt dem Bericht und zollten Sebastian Walter alias Dieter Blüm reichlich Beifall.
Anschließend berichtete Schmahl weitere Details aus dem Leben des im Jahr 1922 verstorbenen Wohltäters. Dieser spendete nicht nur für das Denkmal, sondern vermachte der Gemeinde später auch 10.000 Mark für wohltätige Zwecke. Als Dank wurde er Ehrenbürger und der Platz vor dem Rathaus trägt bis heute seinen Namen.
Restaurierung mit Feingefühl und viel Engagement
Anschließend ging Schmahl auf die Restaurierung der Denkmalsfigur ein. Im Laufe der Jahre hatte die Galvanoplastik – eine filigrane Kupferfigur mit Gipskern – stark gelitten. Witterung und Materialermüdung hatten zu Rissen und Verformungen geführt. Eine Regensburger Fachfirma für Metallrestaurierung übernahm die aufwendige Instandsetzung. Die Kosten hierfür beliefen sich auf rund 28.000 Euro.
Der Heimat- und Kulturverein erklärte sich bereit, die Summe über eine Spendenaktion aufzubringen – als vorzeitiges Geschenk an die Gemeinde zum 125-jährigen Jubiläum des Denkmals im kommenden Jahr. Der Erfolg war überwältigend: Über 20.000 Euro kamen zusammen, den Restbetrag trägt der Verein selbst. „Wir sind tief bewegt von der großen Unterstützung aus der Bevölkerung“, sagte Schmahl. „Das zeigt: Dieses Denkmal ist ein wesentliches Element der Identität unseres Dorfes.“
Ein Denkmal lebt durch Erinnerung
Die wieder aufgestellte Figur zeigt einen Soldaten mit gezogenem Schwert in der einen und einer erbeuteten französischen Fahne in der anderen Hand. Auf dem Sockel sind die Namen der Ober-Flörsheimer Veteranen und Fuhrleute eingraviert – sowie die Widmung des Stifters.
Zum Schluss seiner Rede hatte Schmahl noch eine Überraschung parat. Der Südwestrundfunk (SWR) war auf die Geschichte unseres ausgewanderten Denkmalstifters Sebastian Walter aufmerksam geworden, der in Amerika eine Bilderbuchkarriere hingelegt hatte. Vor einigen Tagen teilte die Redaktion der Sendung „Stadt-Land-Quiz“ dem Heimat- und Kulturverein mit, dass Ober-Flörsheim als rheinland-pfälzische Gemeinde für eine Sendung zum Thema „Fern der Heimat – Auswanderer aus Südwestdeutschland“ ausgewählt wurde. Die Ober-Flörsheimer werden gegen Endingen am Kaiserstuhl antreten.
Der Höhepunkt der Feierstunde war die Übergabe eines symbolischen Schecks über 28.000 Euro durch die beiden HuK-Vorsitzenden Helmut Schmahl und Steffen Neef an Bürgermeister Leonhardt.
Zum Abschluss des offiziellen Teils dankte Leonhardt allen Helferinnen und Helfern für ihre tatkräftige Unterstützung. Mit dem Lied „Die Rose” von Amanda McBroom, eindrucksvoll vorgetragen vom MGV, klang die Zeremonie feierlich aus.
Danach war es Zeit für das Erinnerungsfoto: Jung und Alt versammelten sich vor dem Denkmal, inspiriert vom historischen Gruppenbild der Einweihung von 1901.
Im Rathaus konnten Interessierte im Anschluss eine kleine Ausstellung mit Bildern und Dokumenten zu Sebastian Walter und dem Denkmal besuchen. Die Exponate stammen aus den Beständen des Heimatmuseums der Ortsgemeinde, das noch in diesem Jahr mit logistischer und finanzieller Unterstützung des HuK saniert wird.
Bei Brezeln, Wein und guten Gesprächen ließen die Gäste den Tag auf dem Walterplatz gemütlich ausklingen.