22. Oktober 2021: Heimat- und Kulturverein Ober-Flörsheim feiert 20-jähriges Jubiläum mit Nachtwächterwanderung
Anlässlich des 20. Jahrestags seiner Gründung veranstaltete der
Heimat- und Kulturverein nach längerer Pause wieder eine seiner
beliebten Nachtwächterwanderungen. Bei kaltem, aber trockenen Wetter
begrüßten Nachtwächter Franz Dirigo (dargestellt von Dr. Helmut Schmahl)
und sein Sohn Jean (Philipp Seidel) in historischen Kostümen rund 120
Besucher vor der Blücherhalle, unter ihnen Nachfahren des 1864
verstorbenen Nachtwächters, die aus Flonheim und Mannheim angereist
waren. Die technische Leitung lag in den Händen von Steffen Neef, der
überdies anlässlich des Vereinsjubiläums eine neue Beleuchtung für den
Gedenkstein „1250 Jahre Ober-Flörsheim“ installiert hatte.
Auf ihrem Rundgang durch das Dorf begegneten der Nachtwächter und
sein Sohn einer Reihe von Personen aus der Ortsgeschichte. Zunächst
trafen sie den vor genau einem Jahrhundert verstorbenen Lehrer und
Dorfchronisten Friedrich Reif (Carsten Dieterich) im Weingut Hahn in der
Weyerstraße. Dort inspizierte dieser den 180 Jahre alten Grabstein des
mennonitischen Gutsbesitzers Jakob Dahlem, der kurz zuvor beim Abbruch
einer Mauer auf dem Betriebsgelände gefunden worden war. In der
Hauptstraße kam ihnen Bürgermeister Johann Müller V. (dargestellt von
seinem Nachfolger Sascha Leonhardt) entgegen. Er war gerade dabei, eine
Liste der Gewerbetreibenden zu erstellen und wusste viel Interessantes
über alte Handwerksberufe zu berichten. So hatte der Nagelschmied Jakob
Heß vor 150 Jahren in der Webergasse seine Werkstatt. Das Feuer seines
Blasebalgs wurde von einem Hund in einem Laufrad entfacht.
Chronologisch etwas unpräziser, jedoch umso amüsanter wurde der
Rundgang, als die beiden Dirigos in der Kommenturei nach dem Rechten
sahen. Dort trafen sie zunächst wieder Lehrer Reif, der gerade dabei
war, im Schein einer Laterne eine rätselhafte Inschrift am Bürgerhaus zu
entziffern. Plötzlich öffnete sich ein Fenster und kein Geringerer als
der spätere preußische Generalfeldmarschall von Blücher (Dennis Neef),
der 1794 hier als Oberst Quartier hatte, beschwerte sich energisch über
die Ruhestörung. Er zeigte sich erst versöhnlich, als Bürgermeister
Müller eine Flasche Wein präsentierte und ihn sowie die anderen zu einer
Verkostung einlud. Auch die Nachbarin Katharina Damberger (Edeltrud
Böhm) gesellte sich hinzu. Sie und Lehrer Reif erzählten anschaulich
über die Geschichte der einst mit Mauern und Toren befestigten hiesigen
Niederlassung des Deutschen Ordens. Anschließend lud Katharina die
Teilnehmer ein, in ihrer Küche die Reste eines wohl
spätmittelalterlichen unterirdischen Gangs zu besichtigen, der einst das
Haus Nr. 3 mit der katholischen Kirche verband.
Auf dem Weg ins obere Dorf wurde kurz am ehemaligen
Mennonitenfriedhof und in der Hubgasse Station gemacht, bevor der
Nachtwächter und sein Sohn in der Kirschgartenstraße ein Rätsel lösten,
das viele Ober-Flörsheimer schon lange bewegt hat – die Herkunft der
Bezeichnung „Kratzegass“ für diese Straße. Sie ist auf Philipp und
Margaretha Kratz zurückzuführen, die hier 1831 das erste Haus (Nr. 10)
in der Nachbarschaft erbauten.
Die Führung endete vor der Blücherhalle. Der HuK-Vorsitzende Helmut
Schmahl dankte allen Mitwirkenden und Helfern für ihr großes Engagement
und lud die Teilnehmer ein, das Vereinsjubiläum mit Glühwein,
Kinderpunsch und Gebäck zu feiern.